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Warum die Rassismusdebatte bei den Oscars jährlich für Furore sorgt

 

Die jährlichen Oscarverleihungen gehören zweifelsohne zu den größten Medienereignissen der USA. Am 28. Februar stehen sich die talentiertesten und besten Filmkünstler zum 88. mal gegenüber um den goldenen Mann mit nach Hause zu nehmen. In den heißersehnten Vornominierungen wurde bekannt gegeben wer dieses Jahr die Chance hat in 28 Kategorien groß abzustauben. Neben Jennifer Lawrence, der wohl gefragtesten Schauspielerin der heutigen Zeit, hat sich auch Pechvogel Leonardo DiCaprio durchgesetzt. Er überzeugte in „The Revenant“ die Fachjury von seinem Können, was noch lang nicht bedeutet auch tatsächlich im großen Finale zu gewinnen. Eine seit langem heiß diskutierte Verschwörungstheorie, die wir bereits in der Vergangenheit stark kritisiert haben Hier könnt ihr euch die Schicksalsgeschichte des DiCaprio noch einmal zu Gemüte führen – zum Artikel

Doch nicht nur individuelle Krisen überschatten jährlich die große Filmfeier. Auch ganze Personengruppen scheinen zumindest benachteiligt zu werden. Deshalb möchten wir in unserem aktuellen Blogpost die Geschichte der Oscars selbst und die damit verbundene Rassissmusfrage thematisieren und beleuchten, um festzustellen ob tatsächlich eine vorsätzliche Benachteiligung von dunkelhäutigen Schauspielern stattfindet.

Um jedoch gleich vorab Missverständnisse aus dem Weg zu räumen ist die Rassismusdebatte keinesfalls eine Neuerscheinung der Oscars. Vielmehr erhärtet sich die Vermutung fast seit Anbeginn der Verleihung im Jahr 1929. Die MGM Studios, unter der Federführung von Louis B. Mayer, riefen die Preisverleihung ins Leben. Doch Mayer war nicht der erste, der die Idee hatte die besten Filme und Filmemacher des Jahres zu kühren. Denn der Photoplay Award gilt als Urvater der Filmpreisverleihungen der Vereinigten Staaten. Nach einer Krise der amerikansichen Filmindustrie, hervorgerufen durch Gewerkschaftsgründung und die Zensur der Regierung, gründeten die wichtigsten und einflussreichsten Filmproduzenten die „Academy of Motion Picture Art and Science“. Nach und nach entwickelte sich die Gemeinschaft weiter und legte fest, dass die Werke der Künstler vor allem öffentlichen Applaus erhalten sollten.

Seit den 20er Jahren hat sich jedoch viel getan. Zunächst war der damalige „Acadamy Award of Merit“ auf das Interesse innerhalb der Filmbranche beschränkt. Den ersten Preis der in der Kategorie Bester Hauptdarsteller verliehen wurde ging im übrigen an den deutschen Emil Jannings für seine Rolle im Film „Der Weg allen Fleisches“. Leider sind heute keine Kopien des Streifens mehr auffindbar. Die Öffentlichkeit schien unbeeindruckt. Einige Jahre später entschied man sich dafür die Gewinner nicht mehr vorab bekannt zu geben, sondern bis zum Ereignistag unter Verschluss zu halten. So stieg auch das Interesse in der Öffentlichkeit und die Verleihung des Oscars gewann mehr und mehr Sympathie in der Bevölkerung. Früher war die Trennung von Kino und Fernsehen deutlich spürbar und die erste Übertragung der Oscarverleihung im Fernsehen entstand erst im Jahr 1953.

Heute gipfelt die Preisverleihung in einem absoluten Spektakel um das Ereignis auch als Selbstzweck zu feiern. Deshalb schalten viele Zuschauer ein um nicht nur live dabei zu sein wer die meisten Goldfiguren mit nach Hause nimmt, sondern auch um die Show selbst mitzuerleben. Die Filme stehen einerseits inhaltlich, aber auch formell, inszenierungstechnisch, im Mittelpunkt des TV Ereignisses. Ein Medium bezieht sich direkt auf ein anderes Medium und gehen beide unmittelbar, Hand in Hand, nebeneinander her. Um auf dieses Phänomen aufmerksam zu machen, wurde zum Beispiel im Opening der letztjährigen Verleihung, dieser Bezug vom Moderator Neil Patrick Harris selbst in Szene gesetzt. Der Film ist dazu fähig eigene Welten und Universen zu erschaffen und so wird durch die zahlreichen Filmausschnitte im Bühnenhintergrund das Theater, in dem das Ereignis eigentlich stattfindet, verlassen. Gleichzeitig bleibt die Musik im Raum und der Moderator ein Teil der Inszenierung, indem er beispielsweise einen im Film weggeworfenen Schuh auf der Theaterbühne fängt und damit zum Teil des Filmes wird. Was es also festzuhalten gilt ist, dass die Nähe zwischen Fernsehen, Theaterbühne und Film auf der Leinwand eng miteinander verknüpft sind und heute ein beliebtes Mittel ist um diese Nähe, die beim „Ottonormalverbraucher“ manchmal unbewusst in Vergessenheit gerät, wieder in den Fokus zu rücken.

Diese Form der Inszenierung stößt seit langem bei einigen auf harsche Kritik. So soll der Fokus wieder absolut und uneingeschränkt auf den Nominierten liegen und dies vor allem ohne Beachtung von Hautfarbe und Herkunft. Seit langem vermutet man eine Benachteiligung von dunkelhäutigen Schauspielern und Schauspielerinnen bei den Oscarverleihungen. Tatsächlich konnten sich leider nur 15 afroamerikanische Schauspieler und Schauspielerinnen die Eigentürmer des Preises als beste/r Hauptdarsteller/in nennen. Unter ihnen sind beispielsweise Ikonen und Größen wie Hattie McDaniel, Isaac Hayes, Denzel Washington, Whoopie Goldberg, Morgan Freeman und Halle Berry. Dabei muss ausdrücklich formuliert werden, dass diese kulturell motivierte Benachteiligung in anderen Genres, Gattungen und Disziplinen keine Anwendung findet. Wenn man das Blatt wendet und die Emmys und Golden Globes genau betrachtet und analysiert, fällt sofort auf, dass die schwarzen Schauspieler/innen die Veranstaltungen, überspitzt formuliert, dominieren. Das macht es noch schwieriger Argumente zu finden, die die Fachjury entlasten würden. Ein genereller Ausschluss von schwarzen aus der Film, TV und Serienbranche ist somit ausgeschlossen. Ein Beispiel für hervorragende Schauspielkunst auf der einen Seite und technische Innovation auf der anderen, ist der Film „Tangerine“ von Sean Bakers. Der Filmemacher erschuf ein absolutes technisches Meisterwerk, worüber man sich in der medienwissenschaftlichen Landschaft absolut einig ist. Die Komödie handelt von zwei schwarzen Transgender Frauen und wurde ausschließlich mit Iphones gedreht. Fazit: Trotz großer Marketingkampagne wurde der Film nicht für die Oscars nominiert. Nur ein Beispiel von vielen. Kein Wunder, dass viele der Veranstaltung dieses auch fern bleiben werden. Sowohl die Frau von Will Smith, als auch Ehrenpreis-Gewinner Spike Lee und einige weitere haben öffentlich bekannt gegeben, dass sie, im übertragenen Sinne, am 28.2. bereits verhindert sein werden. Wer kann es ihnen verübeln?

Man kann durchaus unterschiedlicher Meinung sein welche Filme gut und welche schlecht sind, welche einen Geschmack treffen und welche eben nicht. Allerdings ist nun die Zeit gekommen dieser subjektiven, veralteten, klassizistisch-konservativen und vor allem rassistischen Wahrnehmung der Verantwortlichen ein Ende zu setzen. Ein erstes wichtiges Zeichen in dieser Debatte setzte vor kurzem die Präsidentin der Academy of Arts and Science Cheryl Boone Isaac. Sie postulierte: „Ich möchte die großartige Arbeit der diesjährigen Nominierten würdigen. Während wir ihre außergewöhnlichen Leistungen feiern, bricht mir die fehlende Inklusion das Herz und frustriert mich. Dies ist eine schwierige, aber wichtige Auseinandersetzung, und es ist Zeit für große Veränderungen.“ Ob sie damit wirklich ein neues offenes Zeitalter einläutet oder ihr Statement in Mitten der Inszenierungsshow verpufft wird sich am 28.2.2016 zeigen.

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